Strafverteidigung allgemein

Aus alledem folgt, dass ein Verteidiger den Angeklagten „in der Hauptverhandlung keineswegs nach Belieben „schalten und walten lassen“ darf, sondern dass ihn eine Pflicht trifft, mit dafür Sorge zu tragen, dass das Verfahren in sachdienlich und prozessual geordneten Bahnen durchgeführt wird. Dass er dabei inhaltlich einseitig die Interessen des Angeklagten zu beachten hat, steht mit der Notwendigkeit der Mitwirkung an einer ordnungsgemäß zu fördernden Hauptverhandlung, in der auch der Abschluss des Verfahrens in einer angemessenen Zeit nicht in Frage gestellt werden darf, nicht in Widerspruch.“

Der vierte Strafsenat ergänzt dies in einem Urteil von 1998 wie folgt:

„Der Verteidiger ist als Rechtsanwalt ein selbständiges, dem Gericht und der Staatsanwaltschaft gleichgeordnetes Organ der Rechtspflege. In seiner Beistandsfunktion darf er sich nur der prozessual- und standesrechtlich erlaubten Mittel, ein Recht zur Lüge hat er ebenso wenig, bedienen. Insbesondere ist es ihm untersagt, durch aktive Verdunklung und Verzerrung des Sachverhalts die Wahrheitserforschung zu erschweren oder Beweisquellen zu verfälschen.“

Von besonderer Bedeutung ist allerdings hier auch Artikel 6 Abs. 3 Menschenrechtskonvention (MRK), wonach eine konkrete und wirksame Verteidigung unter übernationalrechtlich geregeltem besonderen Schutz steht. Danach muss auch erkannt werden, dass der Verteidiger natürlich nicht der Garant für ein umfassend ordnungsgemäßes und zügiges Verfahren vor den Ordnungsgerichten sein kann. Diese Aufgabe fällt den Richtern selbst und der „objektivsten Behörde der Welt“ (der Staatsanwaltschaft) zu. Der Verteidiger ist „nur“ der Garant für eine bestmögliche Verteidigung.

Daraus folgen einzelne Tätigkeitsgebiete des Verteidigers in der Praxis, die hier ebenfalls zur Information kurz dargestellt werden sollen: So zunächst die Information des Mandanten, da der betroffene Bürger selbst leider kein Akteneinsichtsrecht besitzt; ferner die umfassende Rechtsberatung des Mandanten, wobei der Verteidiger der Wahrheitspflicht und dem Lügeverbot unterliegt.

Eine Freispruchverteidigung betreffend eines schuldigen Täters ist grundsätzlich zulässig, der Verteidiger darf den schuldigen Täter bei positiver Kenntnis allerdings nicht als unschuldig bezeichnen. Dem Verteidiger ist es gestattet, selbst Kontakt zu Zeugen aufzunehmen. Ferner steht ihm die Möglichkeit eigener Ermittlungen zu.

Zu entscheiden ist im Übrigen, ob eine Verteidigung als sogenannte „Konfliktverteidigung“ durchgeführt werden soll, was dem Verteidiger ebenfalls grundsätzlich gestattet ist. Daneben gehört es zu seinen Aufgaben, sich mit anderen Verfahrensbeteiligten zu verständigen (Absprache, Deal, Vereinbarung, etc.). Grundsätzlich ist die Strafverteidigung in Form der Wahlverteidigung, als auch der Pflichtverteidigung möglich. In besonderen Fallkonstellationen, so z.B. im Bereich der Verteidigung gegen den Vorwurf der Untreue, kann es erforderlich werden, dass der Verteidiger sich zum Pflichtverteidiger aus Selbstschutz bestellen muss, da es ihm möglicherweise nicht gestattet ist, auf andere Weise Honorar vom Beschuldigten anzunehmen.

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